Kunststoffflakes – manuell tiefgezogen auf einer Form

Ripped-Up – Reststoffe aus Kunststoff und ihre Potenziale für das Produktdesign

Kooperation 27. Januar 2024

Die Auseinandersetzung mit Material und Design hat verschiedene Ausgangspunkte. Einerseits führen Ideen und Konzepte zur Festlegung eines geeigneten Materials. Anderseits kann die Materialwahl auch Kern des Entwurfs sein und somit die Gestaltung von Anfang an beeinflussen. Studierende des Studiengangs Industrial Design haben sich während des Wintersemesters 2024 im Projekt "Ripped-Up" an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste (ABK) in Stuttgart intensiv mit thermoplastischen Reststoffen (Kunststoffabfall) beschäftigt. Ziel war es, Potenziale für das nachhaltige Design zukünftiger Produkte zu erfassen und erste Prototypen herzustellen.

Industrial Design Studierende der ABK Stuttgart, M#nner und Frauen auf einem Gruppenfoto nebeneinander stehend vor eine Wand mit Fernsehern
Workshopteilnehmende unter der Aufsicht von Max Neustadt (Akademischer Mitarbeiter Industrial Design an der ABK)

Den Werkstoff Plastik verstehen

Nachdem zunächst in einem Workshop eigens gesammelte Kunststoffe klassifiziert und untersucht wurden, konnten sich die Studierenden mit den unterschiedlichen Arten und Eigenschaften von Kunststoffen auseinandersetzen. Hierzu erhielten sie vom Maschinenbauunternehmen WEIMA aus dem nahen Ilsfeld, kurz vor Heilbronn, Unterstützung – theoretisch wie praktisch. Wissen über das Thema Kunststoffrecycling und dessen industriellen Prozessschritte wurden bei einem Gastvortrag vermittelt.

Sofia Soudi hält einen Vortrag vor Studierenden der ABK Stuttgart, die Präsentation wird von eine Beamer an eine weiße Wand projiziert

"Ripped-Up" Workshop Vortrag an der ABK Stuttgart

Zerkleinern mit WEIMA Shredder

In der Kunststoffwerkstatt der ABK stellte WEIMA anschließend einen kompakten Precious Plastic Einwellen-Shredder aus eigener Produktion, knapp 60 kg Granulat, sowie eine handbetriebene Spritzgussmaschine zur Verfügung, um damit zu experimentieren. Geplant ist, dass das Equipment auch zukünftigen Projekten an der Kunsthochschule zur Verfügung steht.

WEIMA Shredder Pro bei dem Workshop in Stuttgart

WEIMA Shredder Pro in Stuttgart

Im zweiten Schritt ging es darum, Ideen für ein Produkt zu entwickeln und diese mit den erarbeiteten Kenntnissen zusammenzubringen. Welche Besonderheiten haben die jeweiligen Kunststoffe? Welche Art von Thermoplast kann man statisch und konstruktiv sinnvoll für einen Entwurf verwenden?

Neue Wege gehen

Im Kurs sind unterschiedliche Ansätze verfolgt worden. Von der Verwendung von Granulaten in der Spritzgussmaschine über die Verschmelzung in der Tiefziehmaschine oder dem Bügeln von Plastiktüten sind die Studierenden explorativ an die Weiterverarbeitung der Reststoffe herangegangen. Auch die Ergebnisse lagen in einem breiten Spektrum: Von leichten Taschen, Tellern, Möbelstücken und Schmuck, bis hin zu modularen Halbzeugen.

Weiße Telle mir blauen und roten Akzenten aus recyceltem Kunststoff auf einem weißen Untergrund

Teller aus recyceltem Kunststoff

Eine Herausforderung lag in der Verfügbarkeit der Materialien, der Unvorhersehbarkeit der Materialqualität und der kurzen Zeit für die Bearbeitung. Die Studierenden haben in diesem Zusammenhang jedoch gelernt, adäquate Ersatzmaterialien zu nutzen oder Platzhalter zu definieren.

Weiterhin ist die Wichtigkeit von Materialtrennung für die Weiterverarbeitung von Reststoffen deutlich geworden, wo ein homogenes, qualitativ hochwertiges Material für den Entwurf benötigt wurde.

Insgesamt konnten sich die Studierenden der Kunsthochschule Stuttgart experimentell und gestalterisch mit der Verarbeitung von recycelten Kunststoffen auseinandersetzen. Darüber hinaus hatten sie die Möglichkeit, sich als Gestalter:in auch in einer wichtigen Schnittstelle bei der Weiterverwendung von Materialien zu begreifen.

Sofia Souidi in ihrem Atelier
Holzabfälle auf einem Haufen
Helle Superwood Fasern in einer Glasschüssel
Sofia Souidi stellt blaues Superwood in einem Labor her
Materialtests mit Superwood Fasern auf einem weißen Untergrund
Superwood Belastungstest mit Sofia Souidi stehend auf einem Superwood Brett
Objekt aus Superwood auf einem weißen Boden, daneben Superwood Fasern in einem Karton
Verschiedene Superwood Texturen auf zwei grünen Brettern

Über Sofia Souidi

Verantwortlich für die Leitung des Projekts war Sofia Souidi, eine deutsch-algerische Produktdesignerin, die nach ihrem Abschluss am Royal College of Art in London vor einigen Jahren ihr eigenes interdisziplinäres Studio in Berlin gründete. Ihre Arbeiten sind der Teil der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne und dem Futurium Museum (Berlin). Aktuell entwickelt sie ein nachhaltiges Material aus biobasierten Reststoffen und wird dabei vom Fraunhofer Institut für Holzforschung WKI und der IKEA Stiftung unterstützt.
Logos von ABK Stuttgart, Sofia Souidi und WEIMA nebeneinander
ABK Stuttgart | Sofia Souidi | WEIMA Maschinenbau GmbH
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